Am vorletzten Maiwochenende fand in Bremen die neunte Kap Hoorn ART-Ausstellung zum Thema konTЯAste statt. Ich nahm mit einer flexiblen zweidimensionalen Installation teil, die aus 27 Teilen bestand.
27 Nägel akkurat in Steinbeton zu justieren, war nicht einfach. Aber mit meiner wunderbaren Bremer Kollegin Daniela Revink und ihrem Bildhauerarm sowie einem (die Entfernung) einstellbaren Wasserwaagenlineal ging das letztendlich flott über die Bühne. Kap Hoorn – Kunst in der Halle 2017 weiterlesen →
In zwei Monaten ist es so weit: am 20. Mai 2017 öffnet die große Halle der Hafen-Ateliers in der Kap-Horn-Straße 9 in Bremen für zwei Tage wieder ihre Türen. Dieses Mal hat die Ateliergemeinschaft Kap-Hoorn ARTüber 70 nationale und internationale Künstler und Künstlerinnen eingeladen, um ihre künstlerische Sicht auf „konTЯAste“ zu zeigen und sich mit den Besucher*innen darüber auszutauschen.
Wir freuen uns auf euch. Es wird Vielfältiges zu sehen geben.
„Da musst du unbedingt hingehen und dir die Zeichnungen auf Acryl anschauen!,“ empfahl mir meine Mutter die temporäre Ausstellung von Juliane Ebner im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. In den Kunstraum des deutschen Bundestags gelangt man, indem man an der Spree am Schiffbauerdamm entlang läuft und schräg gegenüber des Reichstagsgebäudes durch eine unscheinbare Tür geht. „Verhalten“ ist mein Eindruck, nachdem ich die Sicherheitsschleuse passiert habe Juliane Ebner: Landstrich – ein Film und seine Bilder weiterlesen →
Ich freue mich, für die diesjährige Bremer Kap-Hoorn ART-Ausstellung im Mai wieder ausgewählt worden zu sein. Dieses Jahr werden die verschiedensten Auffassungen von KonTЯAsten künstlerisch thematisiert.
Das Kap-Hoorn-Team fragte danach, worin Künstler_innen die größten konTЯAste unserer Zeit sehen und wie sie diese künstlerisch umsetzen? „Werden konTЯAste von ihnen bewusst krass, laut und unüberwindbar gesetzt, oder geht es dabei auch um entstehende Zwischentöne? Wie setzen sie künstlerische Mittel wie Farbe, Material und Technik bewusst ein, um konTЯAste herzustellen?“ (Kap-Hoorn ART 2016)
Mein Beitrag ist dieses Jahr eine 27-teilige Installation aus der Serie Menschen der Stadt, von der hier ein Ausschnitt zu sehen ist. Alle Zeichnungen sind passepartouiert und 30 x 30 gerahmt. Die endgültige 2017er Fassung und Anordnung wird vor Ort entschieden.
Mich haben zu diesem Thema die aktuellen Diskussionen inspiriert, in denen sich die Menschen mit ihren unterschiedlichen Haltungen und Meinungen durch Wort und Tat von anders Denkenden abgrenzen wollen.
Vor allem die Flüchtlingskrise und wie sie von den Rechtspopulisten funktionalisiert wird, verdeutlichte mir den vorherrschenden Kontrast. Viele Menschen machten in den letzten beiden Jahren klar, dass sie mit den Flüchtlingen in Deutschland nicht einverstanden seien. „Die passen nicht zu uns, die sind anders!“, wurde der Tenor in den rechtspopulistischen Reihen zusammengefasst. Ein Zusammenleben scheint nicht möglich zu sein, weil wir zu verschieden sind.
Kontraste werden vor allem durch den Vergleich mit dem eindeutig Fremden sichtbar. Doch sie stecken auch im politischen, soziologischen und gesellschaftlichen Detail. In unserer westlichen Gesellschaft wird es immer Kontraste geben, weil es überall gegenpolige Meinungen und Lebensauffassungen gibt.
Meine zweidimensionelle Installation, die seit 2007 entsteht, zeigt die Vielfalt der Menschen. Man sieht nicht jedem an, welche Lebensauffassung er hat, ob er Veganer oder Carnivore, arm oder reich, verheiratet oder alleinlebend, Frühaufsteher oder Nachtschwärmer ist. Und genau das ist der Reiz an den Kontrasten, die das Zusammenleben gestalten: eine Vielfalt, die zur Kommunikation einlädt. Manchmal leider auch nicht.
Am nächsten Wochenende ist es soweit und rund 50 Künstler_innen stellen ihre Positionen zu planet eARTh – agenda 2030 aus. Zur Einstimmung kam letzten Monat schon ein Bericht aus der Zeitschrift kunst:stück. Magazin für Kunst und Kultur. Bremen/Oldenbourg + Hannover. Mai/Juni 2016.
In der unteren Bildseite kann man erkennen, dass auch einer meiner Beiträge abgebildet worden ist (das 2. von links)! Die Kunst des Hinzufügens aus dem Jahr 2013.
Vor einem Jahr sandte Anke Westermann einen Open Call aus und bat Künstler, Architekten und auch engagierte Anwohner um einen zeichnerischen Beitrag zu ihrem Stadtraumprojekt Projektor. Ausgangspunkt war eine Baulücke in der Almstadstraße in Berlin-Mitte. Anke Westermann „will die Stadtentwicklungsdebatte unter künstlerischen Gesichtspunkten neu beleben“¹, indem die „Nicht-Orte“, wie sie die entstandenen Baulücken nennt, anders als in der üblichen Weise wahrnehmbar gemacht werden.
Die Idee war, die diversen Ideen und Utopien der eingereichten Arbeiten auf die Wand des Gebäudes der Almstadstraße 51, welches die Baulücke beendet, großformatig zu präsentieren. Da sich jedoch bisher kein Sponsor finden ließ, lud Anke Westermann anlässlich ihrer Ausstellung 1#1Site alle zur Contributions ein, um die Arbeiten im Kleinformat präsentiert zu sehen.
Hinterhof_zum_Verweilen
Hinterhof_3
Hinterhof_Phoenix-BB
Mitten in einem Hinterhof im Wedding liegt der Artspace Phoenix-BB. Tritt man in den kleinen Raum hinein, steht man sofort vor zwei großen Steinwänden, durch die man sich hindurchzwängen muss. Hinter der letzten Ecke des Ganges erwartet den Besucher das Szenario einer beengten Großstadt. Auf eng beieinander stehenden Sockeln sind Elemente von Häusern aus Ton angeordnet. Langgezogene Urformen des Hauses stehen dicht gedrängt am Boden und recken sich dem projizierten Film einer Baustelle entgegen.
Phoenix-BB_Eingang
eng
1#1Site_Ausstellungsraum
1#1Site_Oberschicht
spitz
1#1Site_Baustelle
Anke Westermanns potenziert in ihrer Ausstellung 1#1Site die Verdichtung des Stadtraums und des damit verschwindenden gestaltbaren Freiraums, der durch die Enge des verkleinerten Ausstellungsraums physisch erfahrbar wird. Wir ziehen unwillkürlich die Schultern an und bewegen uns vorsichtig, um nirgendwo anzustoßen.
1#1Site_Panorama
Auf den Frontflächen der Sockel wiederum ist Bewegung: Die Beiträge ihres Open Calls werden dort in loser Folge projiziert. Um die Enge des Raums noch zu verstärken, sind die Bilder größer als der vorn stehende Sockel, sodass die Bilder jeweils geteilt auch auf den anderen dahinter angeordneten Sockeln erscheinen. Dadurch entsteht ein bizarres perspektivisch verzerrtes Bild, das von keiner Position aus vollständig zu sehen ist.
Contributions_1
Contributions_Höricht_Bröskamp
Contributions_Wechsel
Contributions_4
SONY DSC
Contributions_8
Contributions_10
Contributions_9
Contributions_5
Der gemeinsame Beitrag von Antje Höricht und mir hat sich durch die Anordnung stark verändert, wie man das hier am Vergleich sehen kann.
Beitrag zum Projektor-Projekt von Bröskamp und Höricht
Contributions_Böskamp_Höricht
Die Stadtraum-Installation Projektor ist damit noch nicht abgeschlossen. Unterstützt ein Sponsor das Projekt, wird es „haushohe“ Ausmaße annehmen. Das wird fantastisch aussehen.
Projektor_Chance
¹ Anke Westermann (2015): Projektor. Open Call. https://www.ankewestermann.de/projekte/projektor/open-call.html – Download am 15.5.2016.
Auch eine Messe findet mal ihr Ende. Der letzte Tag verging wie im Flug, da sehr viele Besucher_innen durch die Räume der Kommunalen Galerie Berlin gingen.
Durchaus konnte ich aber noch einen Blick auf einige der anderen Künstler werfen. Ein Besucher empfahl mir, mich mit Dinah Busse zu vernetzen, da wir beide mit der Linie und Monotypien arbeiten und „uns sicherlich viel zu sagen haben“. Nun hatte ich schon am Aufbautag Dinah kennen gelernt und erzählte ihr von dem Verkuppler, der im Grunde dieselbe Idee hatte wie wir: uns zu vernetzen. (Danke, Rainer, es hat geklappt! 🙂 )
3-TAGE-KUNST-Messe Dinah Busse
Dinah Busse: Leopard, 2014
An Dinahs Kunst (ein Klick auf die Fotos vergrößert die Ansichten) mag ich vor allem den markanten und sicheren Strich, der sowohl in ihren Mischtechniken, als auch in ihren opulenten Gemälden zu finden ist. Ein Thema zieht sich über die Jahre hinweg durch ihre Arbeiten: das Tier. Neben Hunden, Affen, Raubtieren und anderen sind auch Fabelwesen anzutreffen wie auf einem der Messebilder (von 2014), das unten links auf Dinahs Messewand zu sehen ist. Doppelköpfig hängt es über einem kunstvoll verzierten Balken und lacht den Betrachter keck aus: Gestern war heute Morgen!
Kraftvoll bleckt uns dagegen der Leopard aus dem schwarzen Nichts plötzlich seine Zähne entgegen in die Helligkeit. Unausweichlich scheint der Angriff, so nah und detailliert sind die Reißzähne und Schnurrbarthaare im Moment eingefroren, den mein Sohn „als die letzte Sekunde eines Safari-Touristen“ bezeichnete.
Dinah Busse: Die Krone, 2014
Dinah Busse: König, 2013
Dinah Busse: Seitenwechsel, 2014
Wer setzt sich denn da Die Krone (2014) auf? Seitwärts, wie im Vorbeigehen. Die prunkvollen Ornamente der Krone fließen in das Kleid ein, um am Ende wieder zu verschwinden. War der krönende Moment etwa nur eine solitäre Angelegenheit, die sich nicht manifestieren lässt?
Im Gegensatz dazu ist sich der König (2013) des Goldes und der Krone, die zu seinem Amt gehören, sicher. Doch vornübergebeugt und mit ausladenden Teufelshörnern besetzt wirkt er verschlagen und raffgierig. Dinah Busses Bilder erklären keinen Sachverhalt. Sie bieten sich „nur“ an, über die eigenen Assoziationen hinaus die Prozesse und Hierarchien des Lebens zu erahnen und zu beäugen. In ihrer poetischen Frage „Welcher Zauber liegt in unserem Streben?“ fasst Dinah zusammen, um was es hier bei ihrer Malerei geht. Die Bilder sind „Momentaufnahmen von Geschichten, deren Verlauf variabel ist. Sie sind demnach Fortsetzungen von Geschichten oder Ereignissen, die dem Betrachter des Bildes innewohnen“.
So viel konnte ich dieses Mal mitnehmen: Künstler_innen und ihre Art mit unserem Berufsbild umzugehen, offene Kolleg_innen, Kontakte in viele Richtungen und viel Wertschätzung.
Das Team der Kommunalen Galerie war auch ganz großartig. Vielen Dank für drei entspannte Messetage!
Der mittlere Tag bot Zeit für Gespräche mit meinen KollegInnen. Es ist immer sehr spannend, was die anderen zu erzählen haben, was ihnen wichtig ist und natürlich welchen Eindruck ihre Arbeiten hinterlassen.
Mit Jessica Slominski verband mich nicht nur die Wand, auf der wir unsere Arbeiten aufgehängt haben, sondern auch unsere Vorliebe für Mischtechniken. Ähnlich wie ich sammelt sie jegliches Collagematerial, das sie inspiriert. Dazu gehören bei ihr aber auch alte Fotos, die sie in ihre Bilder auseinander geschnitten einfügt und anschließend malerisch weiterbearbeitet. Diese Kombination von Foto, Pinselstrich und Schriftstruktur ergibt eine irritierende Wirkung, die mich besonders bei der Arbeit mit der Frau im grünen Kimono beeindruckte (Ein Klick aufs Foto vergrößert die Ansicht).
Jessica Slominski o.T., 2014, 100 x 70 cm
Auf den ersten Blick ist der Wechsel nicht wirklich auszumachen, so sehr leuchtet und schillert das Grün durchgehend. Zudem ist die farbliche und inhaltliche Eigenart alter Farbfotos hier gekonnt technisch und kompositorisch in Szene gesetzt worden. Man kann die Vergilbung alter Fotos und die farbliche Überbetonung durch die verschiedenen Materialien geradezu haptisch ausmachen. Aber auch die Inszenierung ihres Motivs steht in der Tradition der Fotografien des letzten Jahrhunderts. Die Figur zieht rechts von der vertikalen Bildachse den Blick auf sich und dokumentiert das Interesse einer Generation an der Exotik und des Fremden, das auch mich (um die 100 Jahre später) gleich angezogen hat. Der Umriss der Frau im Kimono umgibt sie im „Hintergrund“ wie ein farblich variierender Schatten in Schwarz, Weiß und Ocker, wodurch das Bild eine abstrahierte Räumlichkeit erhält.
Jessica Slominski o.T., 2010, 40 x 28 cm
Ein weiteres Motiv in ihrem Werk sind die Familienbilder, die Personen in einem gesellschaftlich konnotierten Rahmen zeigen, in dem z.B. das Familienoberhaupt in der Mitte seiner Familienmitglieder gezeigt wird. Doch es bleibt nicht bei der traditionellen Darstellung. Jessica erweitert die Konstellation auf eine größere Komposition, in der noch weitere Personen den Betrachter auf eine herausfordernde Bildreise mitnehmen.
Jessica Slominski o.T., 2010, 43 x 31,5 cm
Dem Collagematerial auch nicht völlig abgeneigt ist Hans Theo Kull. Aus seinem riesigen Werk an Zeichnungen hat er 15 ausgewählte Arbeiten präsentiert.
Hans Theo Kull
Theo lässt sich anfangs treiben, setzt seine Kreidebewegungen in braun, ocker oder weiß bis sich etwas herauskristallisiert, dass ihn zur Weiterbearbeitung reizt. Dann setzt er Konturen, fügt Schatten und Zeitungsschnipsel hinzu bis die kleinen Wesen und darin steckenden Geschichten auch für den Betrachter sichtbar werden. Es ist eine Betrachtung der besonderen Art.
Hans Theo Kulls Zeichnungen sind im Internet nicht zu finden. Umso mehr sollte man die Zeit nutzen, bei der nächsten Ausstellung, in der seine Arbeiten vertreten sind, auf Entdeckungsreise zu gehen.
Natürlich habe ich noch etwas an der Hängung ergänzt – ich konnte gar nicht anders. Und so ziert nun die Recherche einen Pfeiler und wirkt dort in ihrer Reduktion und Einzelhängung sehr schön.
Um die Ecke geht es weiter
Solitär kann eine Recherche sein
gern gesehene Besucherinnen, Foto von W. Keck
Gespräche, Foto von A. Höricht
Schon vor 16 Uhr waren viele Menschen in der Kommunalen Galerie und es wurden noch mehr. Das wuselige Treiben hielt uns in Bewegung. Ich bekam viel positives Feedback. Einige Zeichnungen aus der Serie Menschen der Stadt fanden einen neuen Besitzer. Die Besucher ergänzten – angeregt durch die Titel und die abgebildeten Haltungen – noch viele weitere Hintergrundsgeschichten zu meinen Zeichnungen. Manchmal stimmten sie mit meinen überein. Durch andere bekam ich einen ganz neuen interessanten Blick auf die Mimik und Gestik der gezeichneten Personen.
Kurz vor Ende des ersten Tages kam das Unvermeidliche: mein Aushängeschild im 3 TAGE KUNST-Katalog Eine neue Perspektive verändert die Haltung erhielt den roten Punkt. Wenn eine für mich wichtige Arbeit gekauft wird, ist das immer ein besonderer Moment. Ein bisschen ringe ich mit mir, ob ich das Bild wirklich loslassen möchte. So einfach ist das nämlich gar nicht. Doch dann überwiegt die Freude, dass auch ein anderer das Bild so toll findet und es kauft.
Bevor morgen die Messe ihre Türen öffnet, wurde gestern und heute erst einmal hingelegt, aufgebaut, gehämmert und geschraubt. Die MitarbeiterInnen vom Kulturamt Charlottenburg-Wilmersdorf unterstützten uns mit ihren Erfahrungen und Werkzeug. Alle Wünsche, die machbar waren, wurden ermöglicht. Das war wirklich toll!
noch leer
ganz oben
Höher oder tiefer?
Probehängung
Vorbereitung Seite an Seite
Ausgelegt_Cauer/Eitel_1
Etwas überrascht stellte ich fest, dass meine drei größten Zeichnungen einfach nicht mit den kleineren in Einklang gebracht werden konnten. Doch das bewährte Team Bröskamp & Höricht ließ sich nicht entmutigen und versuchte verschiedene Hängungsmöglichkeiten aus. Letztendlich musste ich mich dann aber doch entscheiden, dass die drei Bilder hier nicht hinpassten und nahm sie wieder mit. Nun ist es nicht so, dass es mir an fertigen Bildern mangelt: Ich erweiterte meine Serie Menschen der Stadt um drei weitere Rahmen und tauschte auch noch eine Mischtechnik aus.
Nicht nur mir erging es so. Feststehende Konzepte waren auch bei den anderen Kolleginnen in der Prüfphase. Doch es war schön, dass wir uns gegenseitig unterstützen konnten. Andere können einem beim Zurechtrücken des Blickwinkels richtig gut helfen. So sah meine Messewand am Mittwoch und Donnerstag aus:
Zwischenphase mit Lücken
Endprodukt von Tag 0
Seitensicht mit Nachbarsbildern
Am Freitag kann ich bis 15 Uhr immer noch etwas ändern. Mal sehen, ob ich noch einmal alles umhänge 😉